Auch ohne Feld kann Gemüse in Säcken angebaut werden. Hier eine Demonstration der geeigneten Arten.
Text: Elisabeth Gebistorf Käch
Ökodörfer sind Gemeinschaften, die sozial, kulturell, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltiger leben wollen. Die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Dörfer lernen, gemeinsame ökologische, sozial-ökonomische und kulturell-spirituelle Prinzipien anzuwenden. Ziel ist es, die natürliche Umwelt so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Gemeinsam will man Alternativen zu ökologisch zerstörerischen Strom-, Wasser-, Transport- und Abfallbehandlungssystemen finden.
World Vision: umweltfreundliche Programmansätze seit Jahrzehnten
Die globale World Vision-Partnerschaft hat bereits in den letzten Jahrzehnten umweltfreundliche Programmansätze eingeführt, wie z. B. die gelenkte, natürliche Wiederbegrünung (FMNR) oder das Anpflanzen von Bäumen. Auch die Verwendung von natürlichem Dünger und Bio-Pestiziden, die Verbreitung von Wurmkompost, die Förderung der biologischen Vielfalt in Nutzgärten, die Erstellung von hygienischen Latrinen und geschützten Trinkwasserquellen, die Aufklärung der Gemeinden über Hygienepraktiken usw. praktizieren wir in unseren Projekten. In diesem Sommer führt World Vision Bangladesch den Ansatz der «eco-friendly villages» in die laufenden Entwicklungsprogramme ein. Wir nehmen dies als Anlass, Thomas Kalytta, Country Programm Manager von World Vision Schweiz und in engem Kontakt mit World Vision Bangladesch, ein paar Fragen zu stellen.
Thomas Kalytta, was sind die Ziele der «eco-friendly villages » von World Vision Bangladesch und wie wird vorgegangen?
Zunächst einmal werden wenige Dörfer eines regionalen Entwicklungsprogrammes als Pilotdörfer ausgewählt. Eine gemeinsame Bestandsaufnahme der vorhandenen Defizite und der natürlichen Ressourcen lassen den Handlungsbedarf erkennen. Bestehende Entwicklungsgruppen werden mit dem Ansatz und den verschiedenen ökologischen Methoden vertraut gemacht. Ein Schwerpunkt wird auf landwirtschaftlichen Schulungen liegen, z. B. in Permakultur. Das setzt voraus, dass auch unsere Mitarbeitenden trainiert wurden und die Methoden verinnerlicht haben. Dann wird in jedem Ökodorf ein detaillierter Plan aufgestellt, der über die Jahre umgesetzt wird. Die Bewohner entscheiden selbst, was für sie Priorität hat. Jährlich reflektieren sie darüber, was funktioniert hat oder was angepasst werden sollte.
Intelligente Schädlingsbekämpfung verzichtet auf die Chemiekeule und sucht Alternativen. Hier eine Pheromonfalle für Insekten.
Worin unterscheidet sich ein Ökodorf von einem «normalen» Dorf?
Der Hauptunterschied ist, dass man bereit ist, die bisherige Lebens- und Wirtschaftsweise zu hinterfragen. Man öffnet sich für Wege, die langfristig die Existenzen sichern, weil die natürlichen Ressourcen geschont und nicht zerstört werden.
An wen genau richtet sich dieses Projekt?
An die gesamte Dorfgemeinschaft, nicht mehr nur an einzelne besonders arme Haushalte. Über die Jahre ist es World Vision gelungen, Solidarität und Zusammenarbeit in der Dorfgemeinschaft zu fördern. Es wurden Kinderclubs, Selbsthilfegruppen, Bauernverbände und Dorfentwicklungskomitees gegründet, die nun gemeinsame Ziele ins Auge fassen können.
Was soll mit diesem Ansatz erreicht werden?
Das Konzept hat grossartige ganzheitliche Ziele. Doch es wird eine Zeitlang dauern, bis einige davon sichtbar oder messbar werden. Dazu gehören beispielsweise eine ausgewogene Ernährung und ein gesunder Lebensstil. Gemeinsam werden Menschen mit Beeinträchtigungen und ältere Menschen ohne Absicherung unterstützt. Die Landwirtschaft wird ökologisch ausgerichtet und erneuerbare Energien werden genutzt. Kreativität wird gefördert und es gibt Freiraum für persönliche geistliche Entwicklung. Anstelle von Globalisierung und Fremdbestimmung tritt eine friedvolle, lokal verankerte Gemeinschaft.
Im Zusammenhang mit eco- friendly villages wird insbesondere der Kinderschutz speziell hervorgehoben. Wie ist das zu verstehen?
Die Kinder gehören zu den Verletzlichsten der Gesellschaft. Sie brauchen besonderen Schutz und gezielte Fürsorge. Sie profitieren davon, wenn Gifte und Plastik aus dem Dorf verschwinden, wenn Konflikte friedlich ausgetragen werden und Hunger der Vergangenheit angehört.
Eine Bewohnerin im Projekt Muktagacha in Bangladesch legt eine Wurmkompostzucht zum «Beimpfen» von Gemüsebeeten an.
Aus dem Buch «Ecovillages» von Jonathan Dawson, ehemaliger Präsident des Globalen Ökodorf- Netzwerks.
Helfen Sie mit, dass Menschen und ganze Gemeinschaften sich für den Klimawandel wappnen können. Zum Beispiel durch eine Patenschaft für ein Kind und seine Dorfgemeinschaft oder mit einer Spende für unsere Klimaprojekte.
Diesen Artikel haben wir erstmals im Juni 2021 in unserem Kundenmagazin VISION veröffentlicht.