Eine Primarschülerin mit ihrem Baum (Schulgarten in Kongwa, Tansania)
Miriam Volz, World Vision Schweiz und Liechtenstein
Ende Februar 2024 hatte ich die Möglichkeit, ein FMNR-Projekt in Kongwa, Tansania, zu besuchen, das sich auf fünf Dörfer mit einer Gesamtfläche von 25´000 Hektar erstreckt. Farmer Managed Natural Regeneration (FMNR) ist eine einfache, kostengünstige und durch die Bauern selbst geleistete Wiederaufforstungsmethode. Durch fachkundige Beschneidung wird die Wachstumskraft kleiner, schwacher Bäume in wenige Triebe gelenkt und so deren Wachstum gefördert.
Tansania ist wunderschön und touristisch gut erschlossen. Trotzdem ist vor allem in ländlichen, abgelegenen Gebieten die Armut gross. Die meisten Kleinbauern bauen einzig für den Eigenbedarf an, um ihre Familien zu ernähren. Bleibt etwas übrig wird es verkauft, um Schule, Kleidung, Medikamente zu bezahlen. Häufig reichen die erwirtschafteten Erträge jedoch nicht als Lebensgrundlage aus – hier können Wiederaufforstungsprojekte Abhilfe schaffen.
Auf einem FMNR-Feld begutachten wir die Erfolge des Wiederaufforstungsprojekts: hier wurden ausgewählte Bäume durch Abgrenzungen vor Tieren geschützt und konnten innerhalb von knapp drei Jahren schon merklich wachsen. Felsen dienen als Informationssäulen, verkünden, dass das Abholzen ausgewählter Bäume unter hoher Geldstrafe steht. Auf Nachfrage erfahren wir, dass die hohen Strafzahlungen (300’000 tansanische Schilling = über 100 CHF) in der lokalen Gesetzgebung verankert wurden. Die Gemeinschaft hat sich ein Ziel gesetzt: sie will, dass die Wiederaufforstung funktioniert.
Meine Learnings:
1. Wiederaufforstung trägt zur Sicherung der Lebensgrundlagen bei
Bäume bieten Lebensraum und bringen durch ihre Wurzeln Feuchtigkeit an die Oberfläche. Sie halten Hänge zusammen und verhindern, dass der Boden versandet oder bei heftigen Regenfällen weggeschwemmt wird. Ernteerträge können mit Bäumen auf Feldern gesteigert und Nebeneinkünfte generiert werden bspw. aus dem Verkauf von Früchten und abfallendes Brennholz. Vor allem in Kombination mit Massnahmen wie: dem Aufbau von Fachwissen zu Agroforstwirtschaft, der Anpflanzung resistenterer Obstsorten und der Herstellung energieeffizienter Kochstellen, die bis zu drei Viertel des herkömmlichen Holzbedarfs einsparen, führt Wiederaufforstung zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensumstände der jeweiligen lokalen Gemeinschaften.
Aus Bäumchen werden wieder Bäume (FMNR Demo-Feld in Kongwa)
2. Weniger ist manchmal mehr
NGOs gehen oft mehrere Themen gleichzeitig an: Wasser & Hygiene-, Bildungs-, Kinderschutz- und Livelihood-Projekte werden gemeinsam implementiert und durchgeführt. Dieser Ansatz soll zu einer ganzheitlichen Weiterentwicklung im jeweiligen Projektgebiet führen (und bietet nebenbei den Vorteil, dass Spender und Spenderinnen fündig werden, sollten sie bestimmte Themen favorisieren). Manchmal, so scheint es mir jetzt, ist weniger aber vielleicht doch mehr: Wiederaufforstung, Agroforstwirtschaft und energieeffiziente Kochstellen sind Massnahmen, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung ergänzen, ja verstärken.
In Kongwa durften wir uns hiervon selbst überzeugen. In Wasa hingegen, einem weiteren Projekt von World Vision zahlreiche Autostunden von Kongwa entfernt, wurde FMNR lediglich in Schulgärten praktiziert. Und optimierte Kochstellen bekamen wir weder an ebendieser Schule noch woanders zu Gesicht. Wie viel grösser könnte unser Impact sein, würden wir uns stärker fokussieren oder noch mehr auf die Kollaboration mit spezialisierten Organisationen setzen, die auf das gleiche Ziel hinarbeiten wie wir.
(Anmerkung der Redaktion: In Wasa führen wir ein ganzheitliches Entwicklungsprojekt durch mit den Schwerpunkten Lebensgrundlagen sichern, Wasser und Hygiene, Gesundheit und Ernährung sowie Förderung der (Paten-)Kinder und ihrer Familien. In Kongwa finanzieren wir spezifisch ein FMNR-Projekt.)
Feuerholzbedarf im Vorher-Nachher-Vergleich (links herkömmliche Kochstelle; rechts für optimierten Ofen)
3. Wichtigster Treiber sind die Gemeinschaften vor Ort
Die eigentliche Arbeit besteht nicht in der Beschneidung der Bäume sondern darin, vor Ort Mitstreitende zu finden, die an den Erfolg der Methode glauben. Denn häufig herrscht die noch aus Kolonialzeiten stammende Vorstellung vor, gute Bauern seien Bauern, die ihre Felder ordentlich roden – also sämtliche Baumbestände entfernen. Zu Beginn des FMNR-Projekts mussten zuerst Gemeinschaften und einzelne Bauern gefunden werden, die bereit waren, einen Teil ihres Ackerlandes als Demonstrations-Felder zur Verfügung zu stellen. Schulungen wurden durchgeführt und FMNR-Champions ausgewählt, die aktiv daran arbeiten, die Annahme und Verbreitung von FMNR in ihren Gemeinden zu fördern. Weil es Zeit braucht, Verhaltensweisen zu ändern, schliesst das Projekt bereits Schulkinder mit ein. In den Environmental Clubs der Grundschulen in Kongwa werden Schüler und Schülerinnen an FMNR und Agroforstwirtschaft herangeführt. Die Hoffnung liegt – wie überall, wenn es um Wandel geht – besonders auf den jüngeren Generationen.
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