START-UP-HILFE FÜR DIE JUGEND

12. August 2019

Eine Gruppe Jugendlicher jubelt über die Siegerprämien, die sie erhalten haben.

AM 24. JUNI PRÄSENTIERTEN 42 TEAMS AUS JUNGEN SYRERN UND JORDANIERN EINER WETTBEWERBSJURY IN AMMAN IHRE GESCHÄFTSIDEEN. DIE BESTEN 15 WURDEN PRÄMIERT.

Text: Barbara Mooser, World Vision Schweiz

Seit mehr als acht Jahren herrscht in Syrien Krieg. Die Dauerkrise im Nahen Osten führt zu Resignation und Hoffnungslosigkeit – insbesondere unter den Jugendlichen der Region. Wenn es für sie keine Aussicht auf Ausbildung und ein eigenständiges Leben gibt, werden immer mehr Jugendliche ihre einzige Chance in der Migration sehen. 
Das internationale Jugendförderungsprogramm Youth RESOLVE hat es sich zum Ziel gesetzt, junge Frauen und Männer aus Syrien und in den Nachbarländern Libanon, Jordanien und Irak durch integrative Berufsbildungsinitiativen, Friedensprogramme und Sozialprojekte wieder eine Perspektive für die Zukunft zu geben und aktiv in den politischen Dialog miteinzubeziehen. Umgesetzt werden die zahlreichen Einzelprogramme partnerschaftlich von mehreren NGOs, darunter Caritas Libanon, Generations for Peace, Islamic Relief, Questscope und World Vision. 

Konkrete Hilfe
Die Kombination aus einer längeren Berufsausbildung und kürzeren Praktika hat sich dabei als besonders erfolgreicher Weg aus der Isolation und Abhängigkeit erwiesen. Beste Beispiele dafür sind die 19-jährige Yara und der 21-jährige Hani. Beide konnten ihre Schulausbildung wegen der Gewalt und kriegsbedingter Armut nicht abschliessen. Die Familie von Yara liess sich als Flüchtlinge in der Region Kurdistan im Irak nieder und Hani wurde als Halbwaise vertrieben, nachdem der IS nach Sinjar kam. 
Yara lernte dank Youth Resolve Englisch und bekam ein Praktikum in medizinischer Optik vermittelt. «Mir gefiel meine neue Rolle sehr; ich sammelte Erfahrungen und konnte neue Kontakte aufbauen», sagt sie. Die hoch motivierte junge Frau bekam sogar eine feste Stelle angeboten. Damit ist ihr Weg aber noch nicht zu Ende: «Ich möchte mein Studium fortsetzen und Augenärztin werden».

Hani schloss einen einmonatigen Mechaniker-Kurs erfolgreich ab. Der Inhaber einer Werkstatt in Semel brachte dem 21-jährigen zudem bei, was man als Unternehmensgründer zu tun hat. Hanis wichtigste Lektion war, Vertrauen in sich selbst zu haben. Heute ermutigt er andere Jugendliche, Arbeit zu suchen, eine Karriere zu beginnen und an ihren Erfolg zu glauben.

DER 21-JÄHRIGE IRAKER HANI LERNT ALS MECHANIKER NICHT NUR EIN HANDWERK, SONDERN AUCH, WIE MAN EIN EIGENES GESCHÄFT FÜHRT.

Da die regionalen Unternehmen derzeit nicht in der Lage sind, allen Jugendlichen Arbeitsplätze zu bieten, unterstützt das Förderprogramm neben Ausbildungsplätzen auch mit Hilfen für die Gründung eines eigenen Unternehmens. Bis jetzt erhielten durch die Initiative bereits mehr als 2900 jungen Menschen in Jordanien und im Irak eine Ausbildung – rund 254 erwirtschaften bereits ein eigenes Einkommen.

Wettbewerb der besten Geschäftsideen
Es gibt sogar einen eigenen Wettbewerb, bei dem die besten Geschäftsideen ausgezeichnet werden. Die jordanische Version des Gründerwettbewerbs fand am 24. Juni in Amann statt. 42 Teams aus jungen Syrern und Jordaniern präsentierten einer Jury ihre Ideen. Die besten 15 erhielten eine Auszeichnung und als kleine Startup-Hilfe ein Preisgeld. «Diese jungen, enthusiastischen Unternehmer erinnerten mich daran, wie ich selbst angefangen habe – und an meinen festen Glauben, dass nur der Himmel die Grenze ist», erzählt Roaa Alkhudari, Private Sector Engagement Officer bei World Vision. 

HÖHLE DER LÖWEN AUF JORDANISCH: DER GRÜNDERWETTBEWERB FÜR JUGENDLICHE IN AMANN WURDE VON JUSOOR UND WORLD VISION GEFÖRDERT.

Zu den Gewinnern des Wettbewerbs zählt «JoRecycle», ein Konzept für Abfallrecycling, «MyBox», ein Bildungsbaukasten, der die Kreativität von Kindern fördert, sowie die «Mushroom Box», ein intelligentes System zur Pilzzucht. Ein von Jusoor und World Vision Jordanien gemeinsam mit weiteren Partnern aus der Wirtschaft durchgeführtes Programm unterstützt die Jungunternehmer in der Start-up-Phase. Bevor die jungen Leute zum Wettbewerb antraten, erhielten sie ein Bootcamp-Training und intensive Beratung durch Mentoren. 

Politische Mitsprache eingefordert
Auch in der politischen Arena treten die Jugendlichen selbstbewusst auf: Youth RESOLVE-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer brachten ihre Probleme und Ideen für Reformen zum Beispiel an Diskussionsrunden mit Regierungsvertretern und der Delegation der Europäischen Union ein. So auch am runden Tisch mit dem Generalsekretär des jordanischen Jugendministeriums, Dr. Thabet Al Nabulsi, und Corinne André, Head of Cooperation der EU-Delegation, am 22. Juni in Amann. Wie man wirkungsvoll kommuniziert und seinen Argumenten Nachdruck verleiht haben die jungen Aktivisten in den Workshops von Youth RESOLVE gelernt.»

DER GENERALSEKRETÄR DES JORDANISCHEN JUGENDMINISTERIUMS, DR. THABET AL NABULSI (R.) UND CORINNE ANDRÉ, HEAD OF COOPERATION DER EU-DELEGATION, AM RUNDEN TISCH.

Wie wichtig es für die Jugendlichen ist, sich an allen sie betreffenden Entscheidungsprozessen zu beteiligen, zeigt der 21-jährige Libanese Firas Moussa. Firas engagiert sich in einem kommunalen Jugendbeirat, den es noch nicht lange gibt. Aus seiner Sicht brauchen alle Jugendlichen im Libanon – einschliesslich der im Land lebenden Flüchtlinge – einen offiziell anerkannten, direkten Kanal zu Gesetzgebern und Politikern. Ausserdem wünschen sich die jungen Aktivisten einen besseren Schutz ihrer Bürgerrechte (wie das Recht auf freie Meinungsäusserung) und budgetierte Projekte in Gemeinden.  

«Auf lokaler Ebene zu beginnen, wäre ein guter und effektiver erster Schritt», findet Firas Moussa. So steht es auch im Positionspapier der Jugendlichen. Die Regierung sollte die landesweite Einrichtung von Jugendausschüssen in Gemeinden nach dem Vorbild einiger bereits aktiver Jugendräte in Vororten von Beirut unterstützen. World Vision Libanon fördert den Aufbau dieser Jugendbeiräte, die inzwischen vollständig anerkannt und in die Gemeinden integriert sind. 

Einige «Quick-Impact»-Projekte haben bereits bewiesen, dass Jugendliche mit gestärktem Selbstvertrauen und Kommunikationsfähigkeiten kompetente Partner für die positive Entwicklung in der Region sind. Und es hat sich auch gezeigt, dass gemeinsame Bildung und Interaktionen den sozialen Zusammenhalt fördern und letztendlich zu mehr Stabilität führen. Übrigens ist es auch wichtig, dass sich die junge Generation gut in der digitalen Welt bewegen kann und auskennt. Eine der mit Youth RESOLVE kooperierenden libanesische Gemeinde wird bald über eine App verfügen, die es jedem leichtmacht, öffentliche Dienste, jugendfreundliche Räume und interessante Tourismusziele zu finden. 

YOUTH RESOLVE wird die Jugendlichen weiter darin unterstützen, sich Gehör zu verschaffen und sich ein Leben in Würde und Respekt aufzubauen. Wenn Sie uns dabei unterstützen möchten, finden Sie hier mehr Informationen.

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