Maryam (15) hat nach einer äusserst beschwerlichen Reise zu Fuss ein Zentrum für humanitäre Hilfe erreicht.
Genug war genug. Die 15-jährige Maryam musste mit ansehen, wie die Ernten in ihrem Dorf in Somalia verdorrten, das Vieh verendete und die unterernährten Kinder völlig erschöpft waren. Sie befindet sich im Epizentrum der schlimmsten Dürre, die Somalia seit 40 Jahren erlebt hat, und es droht eine Hungersnot.
Im Alter von nur 15 Jahren musste sie die schwere Entscheidung treffen, ihr Elternhaus auf der Suche nach Nahrung zu verlassen. Das Schwierigste daran? Ihre Mutter war zu krank, um die Reise anzutreten, und so musste sie mit ihren jüngeren Geschwistern alleine fliehen. Alles in der Hoffnung, genug Essen und Wasser zum Überleben zu finden.
Maryam wusste, dass sie die Entscheidung zur Flucht treffen musste, aber die Entscheidung, ihre Mutter zurückzulassen, sollte keine Tochter jemals treffen müssen. Als Maryam sah, wie ihre Geschwister an Unterernährung litten, musste sie handeln. Also machte sie sich mit ihren kleineren Geschwistern und dem Vieh der Familie zu Fuss auf den Weg nach Kaharey, einem Zentrum für humanitäre Hilfe, von dem Maryam nur gehört hatte. Es war ihre einzige Hoffnung. «Es gibt kein Zurück mehr», sagt sie. «An dem Ort, den wir verlassen haben, gibt es weder Essen noch Wasser.»
In Somalia, wo Maryam lebt, sind die lähmenden Auswirkungen der Dürre keine Seltenheit. 2011 führten ausbleibende Niederschläge zur schlimmsten Hungersnot des 21. Jahrhunderts, die mehr als 250’000 Menschen das Leben kostete. Derzeit droht eine ähnliche Krise, denn die anhaltende Dürre bringt Somalia immer näher an den Rand einer Hungersnot.
Die Reise
Schon vor der Reise wusste Maryam, wie sich Hunger und Durst anfühlen: ein knurrender Magen, wenig Energie, Schwindel, Konzentrationsprobleme und vieles mehr. Doch nichts konnte sie auf den extrem beschwerlichen Weg vorbereiten, der vor ihr lag.
Auf der Reise in der sengenden Hitze starb zuerst ihr Vieh. Ein Verlust, der schwerer wiegt, als man denkt: Für die Familien in diesem Teil Somalias bedeutet das Vieh alles. Es ist ein Transportmittel, eine Einkommensquelle, wenn sie es verkaufen müssen, und eine potenzielle Nahrungsquelle für den Notfall.
«Wir verbrachten drei Tage auf der Strasse. Wir verloren einige unsere Tiere auf dem Weg und mussten andere zurücklassen, die zu schwach waren, um weiterzugehen. Es war furchtbar», erzählt Maryam.
Ohne den Esel als Lastentier dauerte ihre Reise länger, was bedeutete, dass ihre Vorräte weiter reichen mussten. Das Wasser war extrem knapp und Maryam erzählt, dass zwei der Kinder fast verdurstet wären. Ohne die drei Liter Wasser, die sie von anderen Familien auf dem Weg erhielten, hätte es Maryams Familie vielleicht nicht geschafft.
Maryam kann sich im Kaharey-Zentrum von Hunger und Durst erholen und wieder lachen.
Wie World Vision wirkt
Trotz aller Widrigkeiten schafften Maryam und ihre jüngeren Geschwister es bis zum Kaharey-Zentrum, wo World Vision in Zusammenarbeit mit dem Welternährungsprogramm der UNO (WFP) jeden Monat Lebensmittelgutscheine und Bargeld an 38’000 intern vertriebene Familien in Somalia verteilt.
Maryam hatte gerade noch genug Kraft, um aus ihrem Dorf zu fliehen und ihre jüngeren Geschwister in Sicherheit zu bringen. Jetzt, wo sie im Hilfszentrum ist, hat sie gerade genug zu essen und sauberes Wasser, um zu überleben.
«Ich mache mir Sorgen um meine Mutter. Sie hat nichts zu essen.» Maryam vermisst ihre Mutter und hofft, sie bald wiederzusehen. Ausserdem träumt sie davon, Lehrerin zu werden. Der Hunger zwang Maryam, ihr Zuhause zu verlassen, riss ihre Familie auseinander und verhinderte, dass sie zur Schule gehen konnte. «Ich bin Analphabetin. Aber ich will zur Schule gehen und lernen und später Lehrerin werden.»
Hunger in Somalia:
Maryams Geschichte ist tragischerweise nicht ungewöhnlich. In Somalia, wo sie lebt, haben mindestens 7 Millionen Menschen keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, geschweige denn zu nährstoffreichen Lebensmitteln, die sie zum Leben brauchen. Nicht weniger als 213’000 Kinder und ihre Familien sind nur einen Schritt von einer Hungersnot entfernt. Allein im Jahr 2022 waren mehr als eine Million Menschen, vor allem Frauen und Kinder, gezwungen, ihr Zuhause auf der Suche nach Nahrung zu verlassen, weil die Regenzeiten Jahr für Jahr ausblieben. Die Dürre lässt Jahr für Jahr immer mehr Ressourcen versiegen, die Familien wie die von Maryam dringend zum Überleben brauchen.
Kinder sind weder für Konflikte noch für den Klimawandel verantwortlich. Sie haben keine Schuld an Lebensmittelknappheit oder Hyperinflation. Und doch müssen sie die Folgen tragen.
Dazu sagen wir: GENUG ist genug! Kein Kind sollte hungern müssen. Helfen Sie mit, Kindern und ihren Familien die Mittel an die Hand zu geben, um Hunger und Armut zu überwinden.
Vielen Dank!