Text: Monika Hartmann, World Vision Schweiz
Gewalt gegenüber Kindern ist in vielen Ländern der Welt Realität – in allen Altersstufen und sehr oft durch die engste Umgebung: Eltern, Verwandte, Lehrer, Mitschüler. Das hat die globale Unicef-Studie «A Familiar Face» ergeben. Demnach sind 3 von 4 Kleinkindern unter 4 Jahren Opfer einer gewalttätigen Erziehung und jedes zweite Schulkind zwischen 6 und 17 Jahren lebt in einem Land, in dem die Prügelstrafe an der Schule noch erlaubt ist.
Vernachlässigung und Misshandlungen von Kindern kommen zwar über alle geografischen, kulturellen und Unterschiede hinweg vor. Besonders häufig betroffen sind jedoch die sowieso schon benachteiligten Kinder aus Entwicklungs- oder Schwellenländern, ethnischen Minderheiten oder mit Behinderungen. Obwohl Gewalt die gesamte Entwicklung von Kindern nachhaltig beeinträchtigt und ihre Menschenrechte verletzt, wird sie bis heute vielfach sozial akzeptiert und ist in vielen Ländern teilweise legal.
World Vision setzt sich grundsätzlich in allen Projekten und auf allen Ebenen für den Schutz der Kinder ein. Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist unser Kinderschutzprojekt in der Mongolei.
Das Problem: Alkoholismus, Vernachlässigung, Missbrauch
Gerade in den ärmeren Gebieten der Mongolei leiden zahlreiche Kinder unter Gewalt. Ihre Eltern haben teilweise sehr wenig Bildung, viele sind arbeitslos und als eine Folge davon stark alkoholabhängig. Unter dieser Situation leidet auch der familiäre Zusammenhalt und die Scheidungsrate ist entsprechend hoch. Etliche Kinder werden geschlagen, vernachlässigt oder sexuell missbraucht. Auch in Kindergärten, Schulen und Kinderheimen kommt es vor, dass Kinder geschlagen werden. Obwohl jegliche Körperstrafen in der Mongolei gesetzlich verboten ist, gilt sie vor allem in extrem armen Familien noch immer als akzeptable Erziehungsmethode.
Die Lösung: Sensibilisierung, Notrufnummern, Schutzmechanismen
Um dem etwas entgegenzusetzen, hat World Vision während zwei Jahren in drei besonders armen Quartieren der Hauptstadt Ulaanbaatar ein Kinderschutzprojekt durchgeführt.
Die drei Hauptziele des Projekts:
Kinderschutzmechanismen stärken
Das Projekt hat verschiedene Akteure im Bereich Kinderschutz zusammengebracht und geschult, um so sicherzustellen, dass die vorhandenen Strukturen wie Meldestellen für Gewalt oder die Betreuung Betroffener in den Gemeinden wirklich zugänglich sind und funktionieren. So ergänzen sich Polizei, Behörden, Sozialarbeiter, politische Verantwortungsträger, Mitarbeitende im Gesundheitswesen, Lehrkräfte sowie Freiwillige in ihren Teilbereichen zu einem tragfähigen und lokal verankerten Kinderschutz. Auf nationaler Ebene wurde schon 2014 eine Telefon-Hotline für Kinder eingerichtet, die von Fachleuten betreut wird, analog zu Telefon 147 in der Schweiz.
Die ärmsten Familien betreuen
Im Rahmen des Projekts wurden 300 extrem notleidende Kinder und ihre Familien identifiziert und in das Projekt integriert. Dazu gehören Kinder mit Behinderungen und andere, bei denen das Risiko für Missbrauch, Vernachlässigung und Ausbeutung besonders hoch ist. Sozialarbeiter haben sie regelmässig besucht, Probleme angesprochen, zugehört und Lösungen vermittelt. Den Eltern haben sie den Wert einer Erziehung aufgezeigt, die nicht auf Körperstrafen beruht, sondern das Kind fördert und motiviert. Eltern und Betreuer wurden zudem zu diversen Kursen eingeladen, zum Beispiel zum Thema erfolgreiche Stellensuche, gewaltfreie Erziehung oder Aufbau eines gesunden Selbstwertgefühls.
Kindern helfen, sich selbst zu schützen
In von den Stadtkreisen angebotenen ausserschulischen Aktivitäten lernen Kinder ihre Rechte kennen und erfahren, an wen sie sich im Notfall wenden können. Sie entwickeln Fähigkeiten, die ihnen helfen, im Leben zurecht zu kommen, z.B. sich eine Meinung zu bilden, ihre Gedanken vor anderen zu formulieren oder Unfälle zu verhüten. Freizeitangebote wie z.B. Schwimmen, Schach, Theater, Musik und Sommerlager bieten ihnen die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu entwickeln, sowie einen geschützten Rahmen, damit sie nicht auf der Strasse in schlechte Gesellschaft geraten.
Erste Erfolge
In Rahmen einer Projektevaluation erklärten 68 % der im Projekt beteiligten Kinder und Jugendlichen, dass sie sich inzwischen sicher fühlen und vor Missbrauch, Ausbeutung und anderer Formen von Gewalt in ihren Familien und ihrem Umfeld geschützt sind – doppelt so viele wie bei Projektbeginn.
Heute wissen 58 % der Jugendlichen, wo sie Fälle von Missbrauch, Vernachlässigung oder Gewalt melden können. Vor zwei Jahren war dies erst 36 % bekannt.
Als Kindheitsretter schützen Sie Kinder in Notsituationen vor Missbrauch, Zwangsheirat, Kinderarbeit und anderen Formen der Gewalt. Ab CHF 15 pro Monat können Sie helfen.