Text: Nissi Thapa, World Vision Nepal
Die Hochtäler von Jumla beeindrucken mit ihrer einmaligen Natur und haben auch kulturell sehr viel zu bieten. Wer das abgelegene Gebiet in der Himalaya-Region erst einmal erreicht hat, wird von der atemberaubenden Schönheit der Landschaft und der Herzlichkeit der Menschen überwältigt sein.
Diese Schönheit hat jedoch einen hohen Preis: Die Bevölkerung muss sich extremen Wetterbedingungen stellen. Typischerweise hält das berüchtigte trockene Wetter in Jumla etwa acht Monate im Jahr an. Die Dürre führt regelmässig zu hohen Ernteausfällen und gefährdet die Ernährungssicherheit.
Kein Wasser, kein Essen
Bis vor zwei Jahren war das für die Dorfgemeinschaft von Malikathanta nicht anders. Die Bauernfamilien lebten mehr schlecht als recht vom Apfelanbau. «Es regnete selten und wir hatten kein Wasser, um die Bäume zu bewässern. Dadurch vertrockneten die Äste oder die Blüten verwelkten, bevor daraus Äpfel werden konnten. Wir waren frustriert», erzählt Kalpana, eine der Bäuerinnen. Auch der Gemüseanbau war davon betroffen: Die selbst angebaute Nahrung reichte knapp drei Monate, danach mussten sich die Dorfbewohner auf den lokalen Märkten mit Nahrungsmitteln versorgen.
Das Wasserholen war ein mühsamer Job: «Schon bei Tagesanbruch machten wir uns mit Kanistern auf den zweistündigen Weg zur Wasserquelle. Dort mussten wir nochmal drei bis vier Stunden warten, bis wir endlich an der Reihe waren. Auf dem Weg nach Hause war es meistens schon so dunkel, dass wir nur noch mit unseren Laternen etwas erkennen konnten», erzählt Kalpana.
Im Oktober 2017 begann World Vision Nepal mit der Umsetzung eines Dorfentwicklungsprojekts in Jumla, das von Schweizer Dorfpaten finanziert wurde. Für die gesamte Region, in der auch Malikathanta liegt, wurde eine umfassende Strategie zur nachhaltigen landwirtschaftlichen Entwicklung aufgesetzt.
«Die World Vision-Mitarbeitenden haben uns gesagt, dass sie unsere Probleme nicht lösen werden, sondern uns den Weg zeigen, dies selbst zu tun. Und das haben sie auch», sagt Kalpana.
Das Projekt «Schneeteich»
Eine der ersten Massnahmen war ein sogenannter «Schneeteich», der als Rückhaltebecken im Winter den Schnee auffängt. Während der Trockenzeit hat die Bevölkerung so genug Wasser für die Bewässerung der Felder.
In dieser Höhe ist das aber leichter gesagt als getan: Es dauerte ganze sechzehn Tage, nur um die Rohstoffe für den Schneeteich zu transportieren. Denn der Bau fand während des Monsuns statt und der Regen machte die Strassen rutschig. Dank des grossen Zusammenhalts und der gemeinsamen Anstrengung des ganzen Dorfs war der Teich trotzdem in wenigen Wochen einsatzbereit.
«Es hat tatsächlich funktioniert», erinnert sich Kalpana. Schon im darauffolgenden März konnten die Bäume mit einem Schlauch aus dem Teich bewässert werden: «Wir waren so glücklich, dass die harte Arbeit mit einer so einfachen Lösung so viel leichter geworden ist.» Bei rechtzeitiger Bewässerung überlebten die Pflanzen und die Produktion stieg um mehr als das Zehnfache. «Vor zwei Jahren produzierte meine kleine Farm nur 40 Kilogramm Äpfel. Aber im vergangenen Jahr ist die Ernte auf rund 400 Kilogramm gestiegen», berichtet einer der Bauern.
Hilfe für die Gemüsebauern
Inzwischen haben sich auch die Gemüsebauern zu einer Produktionsgenossenschaft zusammengeschlossen. Die 22 Gruppenmitglieder erhielten Schulungen zum Einsatz von organischen Düngemitteln, Hybridsaatgut und modernen landwirtschaftlichen Methoden. Ausserdem wurden sie mit Material, zum Beispiel Folientunnel, Giesskannen, Saatgut usw., unterstützt. Familien wie die von Dipakali Thapa, der Präsidentin der Produktionsgenossenschaft, können sich dadurch das ganze Jahr über ausreichend und gesund ernähren. «Wir haben früher im Winter nie grünes Gemüse gegessen, da die einzigen verfügbaren Lebensmittel Reis, Hülsenfrüchte und Kartoffeln waren», erzählt sie. «Es gab Zeiten, in denen wir nur Rotis (nepalesisches Brot) und Chili zu essen hatten. Während meiner Schwangerschaft wurde ich nachtblind, weil ich nicht genügend Nährstoffe zu mir nehmen konnte. Auch mein Sohn Hari Krishna war untergewichtig und ich hatte wirklich Angst um seine Gesundheit.»
Heute baut Dipakali das ganze Jahr über Saag (ein lokales grünes Blattgemüse), Erbsen, Tomaten, Karotten, Rettich und mehr an. «Mein Sohn isst Gemüse und ist gesund. Was übrig ist, verkaufe ich. Damit verdiene ich zusätzlich etwa 1000 NR (das sind ca. 9 CHF) pro Monat.» Die meisten Mitglieder ihrer Erzeugergruppe haben inzwischen den gleichen Weg eingeschlagen. In den sieben Bezirken der Gemeinde Tila, die zum Projekt Jumla gehören, ist der Prozentsatz der Haushalte, die sich länger als drei Monate selbst versorgen können, um 25 Prozent gestiegen.
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