Über 35 Millionen Menschen leben weltweit mit HIV/Aids. Im letzten Jahr starben 1.5 Millionen am Virus. Damit verglichen erscheint die Ausbreitung von Ebola im westlichen Afrika mit 5 500 bestätigten Todesfällen verschwindend klein. Trotzdem gibt es Parallelen zur rasanten Ausbreitung des HIV-Virus südlich der Sahara in den späten 90er-Jahren.
Religiöse Leiter als wichtige Ansprechpartner für die Bevölkerung
Die Gemeinsamkeiten liegen vor allem in den Grundvoraussetzungen, die in den betroffenen Bevölkerungsschichten anzutreffen sind. Die Verbundenheit und das Vertrauen zu religiösen Leitern sind in weiten Teilen des afrikanischen Kontinents tief in der Kultur verwurzelt. In diesem Kontext treffen Aspekte des Glaubens und solche der Medizin aufeinander. Das Kinderhilfswerk World Vision arbeitet deshalb in Tansania in insgesamt zehn Entwicklungsprojekten direkt mit Leitern aus verschiedenen Religionen zusammen, um die Aufklärung über HIV/Aids voranzutreiben.
Dialog-Meetings für Christen und Muslime
Eine wichtige Rolle bei der Aufklärungsarbeit spielen der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen. Der Fokus von World Vision in Tansania liegt darin, beide Parteien dahingehend zu schulen, dass der religiöse Hintergrund für die gemeinsame Bekämpfung von HIV/Aids nicht relevant ist. Der Austausch findet jeweils in sogenannten Dialog-Meetings statt. Diese bieten den teilnehmenden Christen und Muslimen Gelegenheit, ihre Sichtweise auf die Krankheit und deren Verbreitung darzulegen und anschliessend zu diskutieren. World Vision stellt für die Dialoge auch Moderatoren und Vermittler zur Verfügung. Die Erkenntnisse und Verhaltensänderungen aus den Meetings tragen die religiösen Leiter dann weiter in die Bevölkerung. «Wir sind sehr zufrieden mit den Dialogen. Es ist erfreulich, dass alle Partien zum Wohle der Bevölkerung zusammenarbeiten und gemeinsame Kräfte nutzen», erklärt Moderator Elibariki Mmari von World Vision Tansania.
HIV/Aids kein Fluch oder Bestrafung
Das Projekt in Tansania läuft seit rund einem Jahr. Die Kooperation mit religiösen Leitern hat in den Entwicklungsprojekten dazu geführt, dass HIV/Aids als chronische und vermeidbare Krankheit betrachtet wird, und nicht mehr als Fluch oder Bestrafung einer höheren Macht. Das Beispiel Ebola und der grösstenteils verantwortungsvolle Umgang mit der Krankheit zeigen, dass eine Ausbreitung vermeidbar ist, wenn die Bevölkerung, religiöse Leiter, Hilfswerke und staatliche Institutionen eng zusammenarbeiten.